Mehr Ausbildungsplätze,
Pflegekräfte aus dem Ausland und eine bessere Bezahlung – an Vorschlägen vom
neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mangelt es beim Thema Pflege nicht.
Doch ob diese Schritte wirklich den Pflegenotstand nachhaltig deutlich lindern
können, bezweifelt Professort Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des
Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB Deutschland). „Pflege
kostet vor allem Geld. Mir fehlt bei den ganzen vollmundigen Versprechungen der
Politik die Aufklärung und Information, was ein Pflegefall in der Familie
finanziell wirklich bedeuten kann.“ Tilmes rät dazu, das Pflegerisiko
frühzeitig in der individuellen Finanzplanung zu berücksichtigen. Wichtige
Unterstützung leisten hier qualifizierte Fachleute, wie die vom FPSB
Deutschland zertifizierten CERTIFIED FINANCIAL PLANNER®-Professionals oder EFA
European Financial Advisor®. Sie helfen, die finanzielle Vorsorge für alle
Eventualitäten aufzustellen.
Rund 120 Tage ist Jens Spahn (CDU) nun als Bundesgesundheitsminister im Amt –
und die Schonzeit ist vorbei, meint FPSB Deutschland-Vorstand Tilmes. Spahn
verspricht zwar, den Pflegeberuf attraktiver zu machen und die Bezahlung von
Pflegekräften zu verbessern. Zudem kündigt er Verbesserungen bei der
Personalbemessung an. Und Spahn mahnt auch daran zu denken, wie das alles
finanziert werden könne.
Genau bei diesem Punkt vermisst Prof. Tilmes jedoch Transparenz. Denn viele
Verbraucher wissen nicht, dass das staatliche Pflegegeld die im Durchschnitt
anfallenden Gesamtkosten lediglich zu rund einem Drittel abdecken. Die Praxis
zeigt, dass häufig ein Großteil der anfallenden Kosten für Pflegeleistungen von
den Betroffenen selbst beziehungsweise von deren Familienangehörigen bestritten
werden müssen. Hinzu kommen oft weitere finanzielle Erfordernisse, wie etwa für
eine Unterbringung im Heim, Aufwendungen für Mobilität oder Umbaumaßnahmen der
Wohnung.
Welche enormen Kosten auf die Familienangehörigen zukommen können, hat der FPSB
Deutschland einmal ausgerechnet: Die Kosten für einen Heimplatz liegen im
Schnitt bei 2.700 bis 3.000 Euro pro Monat. Versicherte mit Pflegegrad 3
erhalten Leistungen für die vollstationäre Pflege in Höhe von 1.262 Euro pro
Monat. Daher beträgt der Eigenanteil für die Pflegeheimkosten mit Pflegegrad 3
zwischen 1.500 und 1.800 Euro. Aber damit ist noch lange nicht Schluss. Denn
bei diesen Kosten handelt es sich um die reinen Unterbringungskosten.
Aufwendungen für Mobilität, Medikamentenzuzahlungen und soziales Leben sind
noch zu addieren, so dass von einem Durchschnittswert von 2.200 bis 2.500 Euro
monatlich ausgegangen werden sollte.
Das bedeutet, dass eine durchschnittliche Pflegezeit von sieben Jahren –
Tendenz steigend – schnell zu Aufwendungen in Höhe von 210.000 Euro führt. Um
über diese Summe zu verfügen, müssten– bei einer Rendite nach Kosten, Steuern
und Inflation von drei Prozent – erhebliche Sparleistungen erbracht werden. Ein
40-Jähriger zum Beispiel muss pro Monat 360 Euro ansparen beziehungsweise
einmalig 86.500 Euro aufbringen. Bei einer 50-jährigen Person wären es bereits
640 Euro monatlich beziehungsweise einmalig 116.300 Euro. Die Rechnung
berücksichtigt nicht, dass die Teuerungsrate im Bereich Pflege und Gesundheit
bedeutend höher ausfällt als die ausgewiesene Gesamtinflation. Aus diesem Grund
sind die genannten 210.000 Euro ein Minimalwert.
Thema Pflege ist häufig noch ein Tabu
„Aufklärung tut dringend Not, damit die Betroffenen und deren Familien nicht
unnötig in finanzielle Schwierigkeiten geraten“, fordert Prof. Tilmes, der
neben seiner Vorstandstätigkeit auch wissenschaftlicher Leiter des PFI Private
Finance Institute / EBS Finanzakademie der EBS Business School,
Oestrich-Winkel, ist. Doch das Thema Pflegebedürftigkeit ist immer noch ein
Tabuthema. „In vielen Finanzberatungs-Gesprächen werden die Konsequenzen einer
Pflegebedürftigkeit ausgeklammert oder sogar vollständig ignoriert“, berichtet
der Experte.
Die Gefahr besteht, dass den deutschen Verbrauchern ähnlich wie bei der
Altersvorsorge auch bei der Pflegebedürftigkeit eine Versorgungslücke droht.
Das gilt umso mehr, da Pflegebedürftigkeit keine Frage des Alters ist. Unfälle
oder Erkrankungen können jeden treffen. Mehr als eine Teilabsicherung kann die
Pflegekasse jedoch nicht bieten.
Wichtige Unterstützung leisten hier qualifizierten Fachleute, wie die vom FPSB
Deutschland zertifizierten unabhängigen CERTIFIED FINANCIAL
PLANNER®-Professionals oder die EFA European Financial Advisor®. Sie geben
Auskunft darüber, wie man sich und seine Familie richtig absichern kann und
welche Produkte welche Vorteile bieten. Außerdem können die Experten die
möglichen Unterhaltspflichten für Kinder und Eltern abschätzen und
organisatorisch begleiten, denn in der Pflege gilt der Grundsatz, dass Kinder
für ihre Eltern haften. „Ein wesentlicher Aspekt der individuellen Finanzplanung
ist auch das Durchspielen möglicher Risikoszenarien und deren Auswirkungen auf
die Vermögenssituation“, erläutert Tilmes. Zum Beispiel werden inflationäre
Entwicklungen oder finanzielle Aufwendungen bei einer möglichen
Pflegebedürftigkeit simuliert.